Was auf dem Spiel steht

Die In am Maschsee: das Sterben und unsere Verantwortung

Wir leben auf unserem Planeten in einem globalen, hochkomplexen Natursystem – auch wir Menschen sind Teil davon. Aussterben geht uns also alle an. Die Klimakrise rückt endlich wieder in die politische Aufmerksamkeit; die erschütternden Bilder der Hochwasserkatastrophe lassen sich nicht wegblenden. Aber die Klimakrise ist nur ein Aspekt der multiplen globalen Katastrophe. Mit dieser Demo machen wir auf das Massenaussterben der Arten aufmerksam. Wir möchten vermitteln

  1. Die Krise ist real: Die Klimakrise ist real, das Massenartensterben ist real.
  2. Es ist viel schlimmer, als den meisten bewusst ist: Der ökologische Kollaps des Planeten hat bereits begonnen. Die globalen Lebensgrundlagen sind bedroht.
  3. All dies ist wissenschaftlich eindeutig belegt. Daran gibt es keinen Zweifel.
  4. Wir sind verantwortlich! Die Menschheit an sich und auch wir hier in Hannover.
  5. Und die einzige gute Nachricht: Wir können JETZT noch den größten Schaden abwenden.

Wir machen hier und heute deutlich, dass wir die Unwirksamkeit der Politik nicht länger hinnehmen. Aus der Not geboren verlangen wir, JETZT konkret und relevant zu handeln, in der Bundespolitik und auch in Hannover.

Wir fordern einen Politikwechsel hin zu ökologischer Nachhaltigkeit. Aber die Politik allein kann die Krise nicht bewältigen. Es muss die gesamte Gesellschaft einbezogen werden. Wir fordern daher, die Demokratie zu beleben mit neuen Formaten für Bürger*innenbeteiligung.

Der Stand des Artensterbens

Im 5. und letzten Großen Aussterbeereignis vor 60 Millionen Jahren haben die Dinosaurier unfreiwillig für die Säugetiere und damit auch für uns Platz gemacht. Jetzt stehen wir am Anfang des 6. Großen Aussterbens der Arten. Hier ein paar Fakten dazu von Weltvielfaltrat. Dieses wissenschaftliche Gremium beobachtet im Auftrag der Vereinten Nationen den ökologischen Zustand des Planeten. Über 600 Wissenschaftler*innen haben dafür ihre Forschung zusammengetragen. Hier ihre Feststellungen:

  • Uns ist allen klar, dass wir den weltweiten Wildtierbestand massiv dezimiert haben. Wusstet Ihr jedoch, dass die Säugetierbiomasse der Erde heute zu 96 % aus Menschen und ihren Nutztieren besteht? Nur noch 4 % der Masse sind Wildtiere.
  • Lateinamerika steht mit 90% Rückgang seiner Wildtierpopulation verheerend da. Wusstet Ihr, dass daran ganz maßgeblich Europa schuld ist? Wir sind durch die Importe aus Lateinamerika, insbesondere von Fleisch, dort der größte Waldvernichter und global liegen wir auf Platz zwei.
  • Und nicht nur die Anzahl der Tiere wurde drastisch reduziert. Nein, es sterben ganz Arten aus! Wusstet Ihr, dass der Artenschwund aktuell 100mal schneller verläuft als im Durchschnitt der letzten zehn Millionen Jahre? Die Welt verliert täglich 380 Tier- und Pflanzenarten; ca. 58.000 Tierarten verschwinden jedes Jahr.
  • Auch in Deutschland hat die Artenvielfalt stark gelitten; unsere Säugetiere, Vögel, Reptilien und Fische haben sich seit 1970 im Schnitt halbiert. Das Insektensterben ist noch schlimmer: Hier ist die Biomasse seit 1989 um 76% zurückgegangen.
  • Wusstet Ihr, dass ein Viertel aller Tier- und Pflanzenarten bereits als verloren gilt? Wusstet Ihr, dass in den nächsten Jahrzehnten potenziell zwischen einer halben und einer Million Arten vom Aussterben bedroht sind, angetrieben durch die Klimakrise?

Der Bericht des Weltvielfaltsrates ist eindeutig: Die Menschheit hat das 6. Massenaussterben der Arten in der Erdgeschichte ausgelöst. Wir Menschen zerstören global aber auch lokal unsere Lebengrundlagen.

Ursachen und Folgen des Artensterbens

Ökosysteme sind ein riesiges, kaskadenartig aufgebautes Netz: Jede Pflanzenart ernährt diverse Insektenarten und diese wiederum diverse Vögel, Kriech- und Säugetiere. Stirbt eine Pflanze oder ein Tier aus, reißt dies von ihr abhängige Tiere mit in den Tod. Eine weitere Masche im Netz des Lebens ist zerreißen.

Vielfalt macht ein System krisenfester. Je weniger Arten jedoch, desto anfälliger ist das Gesamtsystem. Biodiversität ist das Immunsystem unserer Erde und wir sind dabei, dieses zu zerstören. Wir reden im Zusammenhang mit dem Artensterben längst nicht mehr über einzelne Pflanzen- oder Tierarten, nicht über aussterbende Eisbären oder Tiger, sondern über die Vitalität des gesamten Erdsystems. 70% unserer Nahrung hängt übrigens von der Bestäubung durch Insekten ab. Es geht also auch um die Basis menschlicher Ernährung.

Es geht um alles.

Der große Zusammenhang & Was gilt es zu tun?

Der Verlust der Artenvielfalt ist nur ein Aspekt der multiplen Krise. Die Wissenschaft nennt es globale anthropogene Umweltkatastrophe. Corona ist übrigens auch eine direkte Folge davon. Artenvielfalt und der Erhalt der Wildnis sind unser bester Schutz vor Pandemien.

Die Klimakrise und das Massenaussterben sind Zwillingskrisen. Sie bedingen und durchdringen sich und Klima-, Arten- und Umweltschutz sind nur im Zusammenhang zu bearbeiten. Es geht also nicht um Klimaschutz, nicht um die Vermeidung von Biodiversitätsverlust; es geht um Lebensgrundlagen-schutz. Denn die Veränderung globaler ökologischer Systeme ist irreversibel: Wenn wir Kipppunkte erreichen, an denen das Klima kippt, die Biodiversität kippt, die Ozeane kippen, dann können wir nicht einfach zurück. Wir haben es dann mit komplett veränderten Lebensgrundlagen zu tun.

Unser Handeln in diesem Jahrzehnt entscheidet, wie die nächsten 10 000 Jahre für unsere Zivilisation werden. Wir müssen die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad beschränken. Doch aktuell steuern wir auf drei Grad und mehr zu und nähern uns dramatisch den Klima-Kipp-Punkten. Wir stehen vor dem Point of no Return, vor der größten Herausforderung der Menschheit – einer umfassenden globalen Transformation. Der Weltklimarat gibt uns noch etwa sieben Jahre, innerhalb derer die Menschheit radikal umschwenken muss. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit. Doch die deutsche Klimapolitik ist ein Desaster. 2021 ist Klimawahljahr! Wenn wir uns jedoch die zur Wahl stehen Parteien anschauen sinkt unsere Hoffnung: Armin Laschets Klimapolitik ist ein Verbrechen. Die lobbygetriebene schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf bremst systematisch erneuerbaren Energien aus und baut weiterhin Braunkohle ab. Union und FDP haben nicht begriffen, was auf dem Spiele steht. Aber auch die SPD hat keine relevante Antwort und auch das Programm der Grünen ist nur ein Anfang.

Das Erdsystem ist viel fragiler, als wir geglaubt haben. Wie groß das Ausmaß der Katastrophe sein wird, hängt von unserem Handeln heute ab.

Im Klimawahljahr 2021 entscheidet sich unsere nahe und weitere Zukunft. Wir von Extinction Rebellion rufen daher zusammen mit vielen anderen Bewegungen & Organisationen auf zum AugustRiseUp! Ab 16.08. in Berlin, im Zentrum der Politik, werden wir deutlich machen: Das hier ist ein Klima-Alarm! Wir brauchen eine Regierung, die relevante Antworten auf die Klimakrise und das Artensterben gibt. Das politische "Weiter-So" akzeptieren wir nicht mehr!

Darum sind wir heute hier.
Wir sind Extinction Rebellion, die Rebellion gegen das Aussterben.
Wir handeln aus Liebe zum Leben und für eine lebenswerte Zukunft aller Wesen dieser Erde.

Macht mit und rebelliert mit uns gegen das Aussterben! Kommt nach Berlin zum AugustRiseUP. Zeigt der Politik die rote Karte! Die Verantwortung für die Zukunft liegt in unserer Hand, auch in Deiner! Denn:
Die größte Gefahr für den Planeten ist der Glaube, dass ihn andere retten.

Text: Ellen Gerdes; Hannover, 18. Juli 2021, Maschseeufer

Fotos auf dieser Seite: Hauke Gerdes

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